capa·sphere concept details

«Die Theorie beginnt mit einer Differenz, mit der Differenz von System und Umwelt, soweit sie Systemtheorie sein will; wenn sie etwas anderes sein will, muss sie eine andere Differenz zugrunde legen.»

Niklas Luhmann

Das capa·sphere Programm

Leistung als autonomes System, aus sich selbst hervorgehend in Differenz zu seiner Umwelt. Eine Sphäre der Fähigkeiten. Sozial durch Kommunikation, damit reizvoll für – und angeregt durch – gesellschaftliche Funktionserfüllung. Zugleich resonanzbereit gegenüber Interaktion, Organisation, sozialer Bewegung, sowie Bewusstsein (Umsicht), körperlicher Fertigkeit (nicht nur im Sport, in der Kunst, im Handwerk) und Maschinen.

Sinnvoll durch den Unterschied zwischen Leistungsmöglichkeiten und deren jeweils aktueller Prägung durch das Unterscheiden von Gelingen und Misslingen, das wiederum operativ wird im Modus der Übung. Strukturiert durch Erwartungen an letztere Unterscheidung, und lernend infolge ihrer Enttäuschung. Jede Struktur ist vorübergehend: Erwartungen können nur beim Operieren aktualisiert – und verändert – werden.

Übung als robuste Folge dreifacher Selektionen: des Gelingens (oder Misslingens) der Bearbeitung von Aufgaben. Eine stabilisierte Unwahrscheinlichkeit im Hinblick auf Verlässlichkeit, Steigerung und Innovation, generalisiert im Medium der Kompetenz.

Ziel des so skizzierten Programms ist die Erschliessung neuer Horizonte der sozialen Umstände des Leistungsgeschehens aus einer bahnbrechenden Systemperspektive und die Nutzbarmachung allfälliger Beobachtungsvorteile.

Annahmen

These ist, dass Leistung und die in ihr generalisierte Kompetenz auf Basis einer Theorie «selbstreferenzieller, nicht-trivialer, für sich intransparenter, für Aussenbeobachter unberechenbarer, komplexer Sozialsysteme» (Niklas Luhmann, Organisation und Entscheidung, Opladen/Wiesbaden 2000, S. 387) als eigenständiges System verstanden werden kann.

Wir positionieren dieses Leistungssystem als ‹Folie› der spezifischen intersystemischen Leistungsausprägungen von Funktionssystemen, also z.B. das, wofür in der Wirtschaft bezahlt (oder nicht bezahlt) wird, oder das, was in der Wissenschaft als wahr (oder unwahr) bezeichnet werden kann. Zugleich stellen wir das Leistungssystem in Beziehung zu diesbezüglichen Kommunikationen in mitgliedschaftsbezogenen Interaktionen, Organisationen, sozialen Bewegungen und Gesellschaften. In beiden Hinsichten betrachten wir Leistungen dahingehend, dass sie evolutionär unwahrscheinlich sind, sich in der Gesellschaft aufgrund einer bestimmten Problemkonstellation historisch ausdifferenzieren konnten und diese Differenz aufrechtzuerhalten vermögen.

Für die genauere Beobachtung des Leistungssystems werden drei Perspektiven unterschieden: erstens seine basalen Operationen, zweitens die damit zusammenhängende Bildung von Leistungsstrukturen und -prozessen, und drittens seine Bezüge zu anderen Systemen in seiner Umwelt. Hinzu kommt die Beobachtung des Leistungssystems in seiner Umwelt mithilfe anderer (sinnbezogen – und damit für psychische und soziale Systeme obligatorisch – sachlicher, zeitlicher und sozialer, aber auch jeglicher anderer – sinnvoller oder nichtsinnvoller – z.B. moralischer, kausaler, managerieller) Unterscheidungen.

Forschung

Nachfolgend eine Vorstellung wirtschaftswissenschaftlicher Untersuchungen zum Leistungskonzept, die an der Universität St. Gallen (HSG) in mehreren Forschungs-Kohorten durchgeführt wurden. Wir starten mit der jüngsten Kohorte.

Die vierte Gruppe von Forschungsbeiträgen verwendete die erweiterte Version des Leistungssystemkonzepts aus dem Jahr 2023, wobei einige der Arbeiten Zeit und Sinn als Beobachtungsrichtungen hinzufügten. Die Unterscheidung von Operation und Beobachtung stellt einen noch abstrakteren differenztheoretischen Ansatz dar, bei dem die System-Umwelt-Differenz lediglich eine Option ist – die jedoch durch den radikal operationalen Ansatz der Systemtheorie wieder «eingefangen» wird (vgl. Luhmann, Niklas; Baecker, Dirk (2024), Einführung in die Systemtheorie (Carl Auer Verlag), 105).

Darüber hinaus erzwingen alle diese Arbeiten die Einsicht, dass eine kategoriale Verwendung der Übungskomponenten den Zugang zu deren momenthafter Synthese in jeder einzelnen Übungsoperation verbaut und vielmehr einer tradierten «Einteilungsmetaphysik» (ebd., 150) in die Hand spielt. Zu dieser Forschungsgruppe gehörten:

  • Aebli, Bruno (2024)
  • Cakolli, Leonita (2024)
  • Schildknecht, Fabian (2024)
  • Schönecker, Patrizia (2024)
  • Simon, Matthias (2024)
  • Simoni, Kaltrina (2024)
  • Tanski, Elena (2024)
  • Vogt, Samuel (2024)
  • Zhang, Anna (2024)

Eine dritte Gruppe wissenschaftlicher Arbeiten basierte ebenfalls auf der Version 2023 des Leistungssystem-Konzepts, das jedoch in Bezug auf Theorie und Forschungsdesign um eine vertiefende Analyse von Organisations- und Strategieaspekten erweitert wurde:

  • Mannhart, Karin (2023), Strategische Kompetenzentwicklung aus systemischer Perspektive am Beispiel […], Bachelorarbeit, Universität St. Gallen (HSG), vertraulich.
  • Tresch, Severin (2023), Leistung als soziales System : untersucht am Beispiel der operativen Leistungssteigerung der UMT 250 Produktion der Schurter AG, Bachelorarbeit, Universität St. Gallen (HSG). Zusammenfassung
  • Wiest, Tom Julius (2023), Strategische Kompetenzentwicklung aus systemischer Perspektive : untersucht am Beispiel […], Bachelorarbeit, Universität St. Gallen (HSG), vertraulich.
  • Zumstein, Naya (2023), Strategische Kompetenzentwicklung aus systemischer Perspektive : untersucht am Beispiel des Beratungsprojekts ‘Angebotsstärkung’ bei […], Bachelorarbeit, Universität St. Gallen (HSG), vertraulich.

Der zweiten Gruppe wissenschaftlicher Arbeiten fusste auf der Version 2023 des Leistungssystem-Konzepts, in der einige zentrale Begrifflichkeiten angepasst wurden – insbesondere zu den Komponenten der Übungsoperation:

  • Caputo, Simone (2023), Leistung als soziales System : untersucht am Beispiel des Workshopentwicklungsprozesses der Digital-Entrepreneurship-Werkstatt und filMINT des Bildungslabs Smartfeld, Bachelorarbeit, Universität St. Gallen (HSG). Zusammenfassung
  • von Willich, Carl-Philipp (2023), Strategische Kompetenzentwicklung aus systemischer Perspektive : untersucht am Beispiel der Einführung klimaneutraler Produkte bei der […], Bachelorarbeit, Universität St. Gallen (HSG), vertraulich.
  • Zihlmann, Gian Ludwig (2023): Leistung als soziales System : untersucht am Beispiel der Transformation von PvL Partners mit Fokus auf die neue Organisationsstruktur, Bachelorarbeit, Universität St. Gallen (HSG). Zusammenfassung

Der ersten Gruppe wissenschaftlicher Arbeiten lag die Version 2022 des Leistungssystem-Konzepts zugrunde:

  • Gatz, Daniel (2022), Strategische Kompetenzentwicklung aus systemtheoretischer Perspektive : untersucht am Beispiel der Einführung von Geschäftsmodell-Innovationen bei der […] AG, Bachelorarbeit, Universität St. Gallen (HSG), vertraulich.
  • Megerle, Lilli K. (2022), Strategische Kompetenzentwicklung aus systemischer Perspektive am Beispiel des Musikfestivals ‘One Of A Million’, Bachelorarbeit, Universität St. Gallen (HSG). Zusammenfassung
  • Perriard, Angela (2022), Strategische Kompetenzentwicklung aus systemischer Perspektive : untersucht am Beispiel des Capstone Projekts im betriebswirtschaftlichen Bachelorstudium der Universität St. Gallen, Bachelorarbeit, Universität St. Gallen (HSG). Zusammenfassung. Siehe hierzu auch die Präsentation zum HSG Tag der Lehre 2022.